Forschungsinstitute aus Hamburg und Bremen entwickeln bis 2019 innovative Nachrichten-App nach dem intuitiven Tinder-Prinzip: links lesen, rechts wegwischen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt.
Hamburg, 09.10.2017 – Das Hans-Bredow-Institut erarbeitet gemeinsam mit dem
Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) und dem
Institut für Informationsmanagement an der Universität Bremen (ifib) in den kommenden zwei Jahren eine innovative Nachrichten- und Informations-App.
In Co-Kreation mit potentiellen Nutzern aus Bremen und Umgebung werden in der ersten Phase des neuen Forschungsprojekts die Nutzungsbedürfnisse erforscht. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Untersuchung wird die App entwickelt. „Das ist eine vergleichsweise neue Herangehensweise nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch für die Medienhäuser: die Perspektive von Nutzerinnen und Nutzern wird von Beginn an gehört und in die Entwicklung der Nachrichten-App einbezogen“, erklärt
Dr. Wiebke Loosen vom Hans-Bredow-Institut. Daher auch Tinder-Prinzip: Die Nutzer sollen Informationen durch Wischen in der App als interessant oder nicht interessant klassifizieren können. Dadurch soll die intelligente App den Nutzer kennenlernen und ihm vornehmlich Nachrichten anzeigen, die auf ihn zugeschnitten sind.
Keine Chance für Filterblasen!
Die App verhindert das Phänomen der Filterblase, indem die Meldungen in der App durch einen Algorithmus so aufbereitet werden, dass genau das nicht passiert. „Der Lern-Algorithmus kann doppelt gebrochen werden, um möglichen Filterblasen entgegenzuwirken: Informationen aus dem lokalen Umfeld und Inhalte, die für das Gemeinwesen wichtig sind, werden nicht herausgefiltert, sondern immer jedem Nutzer angezeigt“, erläutert Projektmitarbeiter
Julius Reimer, Doktorand am Hans-Bredow-Institut.
Forschung und Entwicklung im Sinne der Nachhaltigkeit
Das Projekt umfasst weit mehr als die Entwicklung einer App. Der Prozess wird in einem Team von zehn Personen wissenschaftlich begleitet, analysiert und dokumentiert, damit andere Wissenschaftler, Entwickler und Interessierte von den Erfahrungen lernen können. Er bildet zudem das Fundament für das aufwändige Co-Kreation-Verfahren, mit dem die App entwickelt und verbreitet wird. Dieser Ansatz sichert, dass der Algorithmus sich an den Bedürfnissen von Journalistinnen und Journalisten bzw. Nutzerinnen und Nutzern orientiert.
Ein besonderes Augenmerk wird in der Entwicklungsarbeit auf die Beteiligung einer großen Breite unterschiedlicher Bezugsgruppen gelegt. Das Ziel ist eine breite wie nachhaltige Nutzung der App im urbanen und regionalen Kontext. Die App wird in einer ersten experimentellen Form bereits deutlich vor Ablauf der zweijährigen Projektphase fertig sein. Der gesamte Prozess wird wissenschaftlich evaluiert und in Projektberichten aufbereitet.
Wissenschaftliche Details zum Projekt
Die mobile Lebensweise, ortsungebundene soziale Beziehungen und die Heterogenisierung der Mediennutzung stellen auch die Methoden der Wissenschaft vor neue Herausforderungen. Deshalb verbindet das Projekt empirische Kommunikations- und Medienforschung mit der co-kreativen Softwareentwicklung.
Die App soll sich an junge Menschen zwischen 16 und 36 Jahren richten. Sie wird zunächst für das Land Bremen und die angrenzenden Landkreise Osterholz und Verden konzipiert und gemeinsam mit der dort ansässigen Medien- und Digitalwirtschaft, den Stadt- und Gemeindeverwaltungen, Stadtteilbeiräten sowie den in der Stadt und im Umland aktiven politischen Parteien und Verbänden entwickelt. Auch Kollektive wie Sportvereine, (Nachbarschafts-)Initiativen, Kunstvereine und -initiativen, sozialen Bewegungen mit Lokalbezug oder religiöse Gemeinden werden bei der der App-Entwicklung und späteren Inhalteproduktion für sie eingebunden.
Über das Hans-Bredow-Institut
Das Hans-Bredow-Institut erforscht den Medienwandel und die damit verbundenen strukturellen Veränderungen öffentlicher Kommunikation. Medienübergreifend, interdisziplinär und unabhängig verbindet es Grundlagenwissenschaft und Transferforschung und schafft so problemrelevantes Wissen für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
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