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Fernunterricht oder fern von Unterricht? Die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen zur Zeit des ersten Lockdowns

Fernunterricht oder fern von Unterricht? Die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen zur Zeit des ersten Lockdowns

20.01.2021

Das Coronavirus hat den Alltag von Kindern und Jugendlichen weltweit auf den Kopf gestellt und viele alltägliche Aktivitäten ins Netz verlagert – so auch den Schulunterricht. Das länderübergreifende Forschungsprojekt „Kids‘ Digital Lives in COVID-19 Times“ (KiDiCoTi) hat untersucht, inwiefern die pandemiebedingten Einschränkungen die digitale Mediennutzung Zehn- bis 18-Jähriger in Europa verändert haben und wie ihr Schulalltag während der ersten Phase des Lockdowns im Frühjahr 2020 aussah. Der Bericht für die deutschen Daten liegt nun vor. Er zeigt, wie Kinder und Eltern die Situation wahrgenommen haben und wo mitunter Handlungsbedarf besteht.

Online-Unterricht, Freunde treffen per Video-Call, Sport statt im Verein mit Fitness-Influencer*innen vor dem Smartphone: Durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens ab Mitte März 2020 erfolgten Schule, Freizeitaktivitäten und soziale Kontakte verstärkt über digitale Medien. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der deutschen Teilerhebung[1] des Projekts Kids‘ Digital Lives in Corona Times"[2] wider.

Knapp sechs Stunden verbrachten die befragten Zehn- bis 18-Jährigen, einer Selbsteinschätzung zufolge, während des Lockdowns pro Tag im Internet. Entsprechend hat sich auch die Nutzungshäufigkeit der meisten Online-Angebote erhöht. Vor allem kommunikative Online-Aktivitäten (z. B. der Austausch mit Freund*innen, Familie und Lehrkräften) haben während des Lockdowns zugenommen, doch auch Online-Games wurden von vielen öfter als sonst genutzt.

Die vielfach geäußerte Befürchtung, Kinder und Jugendliche könnten während des Lockdowns exzessive Nutzungsgewohnheiten oder sogar eine Mediensucht entwickeln (wie sie etwa im MDR, der Tagesschau oder der Süddeutschen Zeitung geäußert wurde), kann die Studie relativieren: Mehr als die Hälfte der täglichen Online-Zeit (3,3 Stunden) entfiel auf schulische Aktivitäten. Kein Wunder: Schließlich wurden zur Eindämmung des Virus ab dem 15. März 2020 deutschlandweit alle Schulen geschlossen und der Schulbetrieb auf Fernunterricht umgestellt. Gemeint sind damit „alle Formen des Lehrens und Lernens, bei denen eine Betreuung durch Lehrende regelmäßig über Distanz erfolgt“[3].

Fernunterricht war nicht gleich Fernunterricht

Die Frage, wie das Lernen und Lehren in der Zeit der Schulschließungen konkret ablief, lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Ergebnisse der Befragung verweisen auf große Unterschiede – sowohl in Bezug auf den Unterrichtsablauf, die eingesetzten Medien bzw. Materialien als auch auf den Kontakt mit den Lehrkräften.

14 Prozent der Kinder und Jugendliche hatten Online-Unterricht nach Stundenplan (d. h. der gesamte Unterricht wurde online nach Stundenplan durchgeführt). Bei anderen (25%) fand kein online-basierter Unterricht statt, sondern die betroffenen Schüler*innen haben auf andere Art und Weise gelernt (z. B. hat die Schule Lernmaterialien geschickt und/oder sie wurden von ihren Eltern unterrichtet). Die meisten Kinder und Jugendlichen (56%) berichten jedoch von einer Mischung aus Online-Unterricht und Offline-Lerneinheiten.

Auch hinsichtlich der Kommunikation zwischen Schüler*innen und Lehrkräften zeigt sich wenig Einheitlichkeit. Die häufigsten Kommunikationsmittel waren E-Mails (87%), Lernplattformen der Schule (60%) und Video-Chats (60%), aber auch über Messenger Apps (59%), Telefon (48%), SMS (38%) und Social Media (28%) waren einige Lehrkräfte erreichbar. Die Stoffvermittlung erfolgte größtenteils über Arbeitsblätter und Bücher. Bildungs-TV- und -Radioprogramme wurden vergleichsweise selten eingesetzt.

Die Kontakthäufigkeit variierte stark. Während jeweils ein Drittel der Schüler*innen täglich oder mehrmals pro Woche mit ihren Lehrer*innen Kontakt hatte, waren andere, die nur einmal in der Woche (19%) oder seltener (14%) von ihren Lehrer*innen hörten, bei der Bearbeitung des Schulstoffs eher auf sich allein gestellt.

Dennoch konnten sich die meisten Schüler*innen schnell auf die neue Situation einstellen: 57 Prozent geben an, schnell gelernt zu haben, wie man am Online-Unterricht teilnimmt und 44 Prozent konnten selbst dem schwersten Unterricht online gut folgen. Für einige war der Online-Unterricht allerdings doch ungewohnt und wurde eher negativ erlebt: Knapp ein Drittel der Befragten fühlte sich während des Online-Unterrichts nervös, ein ähnlich hoher Anteil hatte Sorge, der Unterricht könnte zu schwierig für sie sein oder sich negativ auf ihre Noten auswirken.

Eltern in der Doppelrolle

Wie gut die befragten Kinder und Jugendlichen mit dem Online-Unterricht zurechtkamen, hing unter anderem auch damit zusammen, inwieweit ihre Eltern in der Lage waren, sie beim Lernen zuhause zu unterstützen. Denn auch wenn Fernunterricht klar vom Konzept des „Homeschoolings“, bei dem Eltern aktiv die Rolle der Lehrenden übernehmen, abzugrenzen ist[4], sahen viele Eltern offenbar die Notwendigkeit, den Lernprozess aktiv mitzugestalten bzw. das Angebot der Schule zu ergänzen.

So setzten jeweils mehr als die Hälfte der befragten Eltern Online-Lernprogramme bzw. Online-Kurse (51%), kostenlose Online-Lernmaterialien und Übungen (z. B. Videoaufzeichnung, Online-Quiz) (56%) und andere Offline-Unterrichtsmaterialien wie z. B. Arbeitsblätter, Bücher, Fernsehen- oder Radioinhalte (53%) ein, um ihr Kind zusätzlich zu fördern.

Die Ergebnisse zeigen allerdings auch, dass nicht alle Eltern gleichermaßen in der Lage waren, ihr Kind beim Online-Lernen zu unterstützen – sei es aufgrund fehlender Geräte (35%), mangelnder zeitlicher Ressourcen (33%), unzureichender Kenntnisse in einzelnen Schulfächern (14%) oder gering ausgeprägter Online-Skills (15%).

Für den Fall erneuter Schulschließungen wünschen sich daher viele Eltern zusätzliche Unterstützung von der Schule ihres Kindes. Gefragt sind vor allem Tipps und Informationen, wie sie ihr Kind beim Online-Lernen besser unterstützen können, Anregungen für die Freizeitgestaltung sowie Aktivitäten, bei denen die Kinder online mit ihren Mitschüler*innen interagieren und Schulaufgaben bearbeiten können.

Krise als Chance

Auch wenn die abrupte Umstellung von Präsenzunterricht auf Remote Schooling für alle Beteiligten ein Sprung ins kalte Wasser war und sicher nicht in allen Fällen reibungslos abgelaufen ist, lassen sich dennoch positive Effekte beobachten.

Positive Entwicklungen sehen Eltern bei ihren Kindern vor allem in Bezug auf Selbstbestimmung (58%) und Selbstständigkeit (57%) beim Lernen sowie die eigenständige Organisation ihrer Schulaufgaben (52%). Das scheint sich auch auf die Motivation vieler Schüler*innen ausgewirkt zu haben: 44 Prozent der Eltern hatten den Eindruck, ihr Kind habe sich stärker als sonst für die Schule engagiert.

Auch die Kinder und Jugendlichen selbst berichten von positiven Nebeneffekten des Fernunterrichts. Neben einem versierteren Umgang mit Videokonferenz-Tools (58%) sehen sie eine Verbesserung ihrer Fähigkeiten, Informationen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts zu überprüfen (43%) und einzuschätzen, welche Informationen sie online teilen sollen und welche nicht (47%).

Lessons learned?

Angesichts der aktuellen Situation und der neuerlichen Schulschließungen, stellt sich unweigerlich die Frage, welche „lessons learned“ sich aus den vorliegenden Befunden und damit aus der ersten Phase des Lockdowns für das Thema Fernunterricht ziehen lassen.  

Besonders wichtig scheint eine enge(re) Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern zu sein. Denn auch wenn das schulische Lernen ins Elternhaus verlagert wird, bedeutet das nicht, dass Eltern die Rolle der Lehrenden übernehmen sollten. Inzwischen finden sich im Netz zahlreiche Zusammenstellungen von Tipps und Materialien (s. u.) für Eltern und Lehrende.

Wünschenswert wären jedoch vor allem zielgruppendifferenzierte Konzepte für Remote Schooling sowie klare Vorgaben und Angebote, die Eltern entlasten und gleichzeitig vor allem die Kinder und Jugendlichen auffangen, die aus verschiedenen Gründen wenig bzw. keine Unterstützung von zu Hause erfahren. Der Umstand, dass wir uns in einem zweiten Lockdown befinden, unterstreicht die Dringlichkeit des Handlungsbedarfes. Weitere Studien werden zeigen, was wir langfristig aus der Krise gelernt haben.

Ausgewählte Links zu Tipps und Materialien für Familien 
 
[1] Im Rahmen der deutschen Teilerhebung wurden im Juli 2020 insgesamt 513 Eltern-Kind-Dyaden zu ihrer digitalen Mediennutzung während der Corona-Krise befragt. Der vollständige Bericht kann hier abgerufen werden
[2] An dem vom Joint Research Centre der Europäischen Kommission unter der Leitung von Stephane Chaudron koordinierten Projekt sind insgesamt 15 Länder beteiligt, die jeweils eine quantitative Online-Befragung 10- bis 18-Jähriger und ihrer Eltern durchgeführt haben. Die deutsche Online-Befragung wurde die Förderung von Unicef ermöglicht.
[3] Kerres, M. (2018). Mediendidaktik. Konzeption und Entwicklung digitaler Lernangebote (5. Aufl.). Berlin: De Gruyter Oldenbourg.
[4] Fickermann, D. & Edelstein, B. (2020). „Langsam vermisse ich die Schule ...". Schule während und nach der Corona-Pandemie. DDS Die Deutsche Schule, Beiheft 16.

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