Gesprächsgast ist Niklas Eder, Doktorand im Promotionsprogramm "Einheit und Differenz im europäischen Rechtsraum" an der Humboldt-Universität und an der Universität Leipzig. Zusammen mit den Teilnerhmer*innen diskutiert er die Auswirkungen der auf maschinellem Lernen basierenden Entscheidungsfindung in Unternehmen. Johannes Schmees vom HBI übernimmt die Begrüßung.
Zeit: Donnerstag, 10.6. 2021, 12-13 Uhr
Ort: online via Zoom
Programm
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12.00 Begrüßung:
Johannes Schmees (HBI)
12.05 Niklas Eder (HU Berlin/ISP Yale): Beyond Automation: Assessing the Effects and Legitimacy of Corporate Machine Learning-Based Decision-Making
12.30 Diskussion
Vortrag
Algorithmen des maschinellen Lernens prägen die Entscheidungen, die automatisierte Entscheidungssysteme treffen, und letztlich die Auswirkungen, die diese Systeme auf den Einzelnen und die Gesellschaft haben. Sie bilden den Kern dessen, was man am besten als maschinenlernbasierte (mlb) Entscheidungsfindung bezeichnet. Unternehmerische mlb-Entscheidungen beeinflussen zunehmend die Umgebung, durch die sich Individuen bewegen, sie definieren die Möglichkeiten, die sie im Leben haben, und die Art, wie sie wahrgenommen und behandelt werden. Die Rechtswissenschaft untersucht die normativen Implikationen dieser Auswirkungen und strebt danach, Antworten zu entwickeln, die die durch algorithmische Systeme verursachten Schäden abmildern. Diese Wissenschaft setzt ein tiefgehendes Verständnis der Auswirkungen und Schäden voraus, die sie zu bekämpfen versucht. Dieser Artikel stützt sich auf die Überwachungstheorie, um zur Entwicklung dieses Verständnisses beizutragen. Er analysiert, wie mlb-Entscheidungen das Leben von Individuen beeinflussen und die Gesellschaft verändern. Er entwickelt zwei Perspektiven auf die Auswirkungen von mlb-Entscheidungen und überprüft auf deren Grundlage die bestehenden rechtlichen Reaktionen. Es macht implizite Annahmen, auf denen die rechtliche Debatte beruht, explizit und bewertet diese Annahmen kritisch. Er beschreibt, wie mlb-Entscheidungen die Macht von Unternehmen verstärken und argumentiert, dass die bestehenden rechtlichen Antworten, die sich auf Rechte, Erklärbarkeit und Transparenz konzentrieren, nicht alle Schäden von mlb-Entscheidungen berücksichtigen. Um angemessen auf die Auswirkungen von mlb-Entscheidungen reagieren zu können, so der Artikel, muss die Rechtswissenschaft ihren individualistischen Fokus überwinden und sich an einer Debatte über die Legitimität von Unternehmensüberwachung beteiligen. Der Artikel erklärt, warum und wie wir rechtliche Reaktionen auf mlb-Entscheidungen an Standards der Legitimität messen sollten. Er argumentiert, dass der Begriff der Legitimität eine Grundlage bietet, um eine der großen Herausforderungen zu bewältigen, mit denen sich die liberalen Demokratien durch die stetig wachsenden Möglichkeiten der Datenverarbeitung konfrontiert sehen - nämlich die Macht der Unternehmen mit den für diese Demokratien zentralen Werten und Freiheiten in Einklang zu bringen.
Zum Vortragenden
Niklas Eder ist Doktorand im Promotionsprogramm "Einheit und Differenz im europäischen Rechtsraum" an der Humboldt-Universität und an der Universität Leipzig. Seit Januar 2020 ist er Visiting Fellow am Information Society Project in Yale. Seine Forschungsschwerpunkte sind Big Data, digitale Überwachung, Manipulation und Verfassungsrecht. Niklas Eder ist Gründer und Veranstalter der Vortragsreihe “Law in the Algorithmic Society”.
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Zur Veranstaltungsreihe
Der im Kontext des interdisziplinären Forschungsprojektes „Entscheiden über, durch und zusammen mit algorithmischen Entscheidungssystemen" von Wolfgang Schulz und Matthias C. Kettemann ins Leben gerufene "Hamburger Gesprächskreis automatisiertes Entscheiden" richtet sich an Forscher*innen und Praktiker*innen aller Disziplinen, die sich für interdisziplinäre Perspektiven auf Künstliche Intelligenz und automatisiertes Entscheiden interessieren.